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erlangt wurden, später unabhängig von dem Willen oder der Gewohnheit modificirt werden, so daß sie nun einem bestimmten anderen Zwecke dienen. Derartige Fälle würden denjenigen parallel sein, welche, wie wir allen Grund zu glauben haben, bei vielen Instincten eingetreten sind; denn obschon manche Instincte einfach durch lang fortgesetzte und vererbte Gewohnheit entwickelt worden sind, so haben sich andere in hohem Grade complicirte Instincte durch die Erhaltung von Abänderungen schon früher bestehender entwickelt, d. h. durch natürliche Zuchtwahl.

Ich habe die Erwerbung von Reflexhandlungen in ziemlicher Ausführlichkeit, wie ich aber wohl fühle, immer noch in einer sehr unvollkommenen Weise erörtert, weil sie häufig im Zusammenhange mit Bewegungen, die für unsere Seelenerregungen ausdruckvoll sind, mit in's Spiel kommen; es war auch nothwendig, zu zeigen, daß mindestens einige von ihnen ursprünglich durch den Willenseinfluß erlangt worden sind, um eine Begierde zu befriedigen oder eine unangenehme Empfindung zu erleichtern.


Associirte gewohnheitsgemäße Bewegungen bei den niederen Thieren. — Ich habe schon, was den Menschen betrifft, mehrere Beispiele von Bewegungen angeführt, welche, mit verschiedenen Zuständen des Geistes oder Körpers associirt, jetzt zwecklos sind, ursprünglich aber von Nutzen waren und auch jetzt noch immer unter gewissen Umständen von Nutzen sind. Da dieser Gegenstand für uns von großer Bedeutung ist, so will ich nun eine beträchtliche Anzahl analoger Thatsachen mit Bezug auf die Thiere anführen, obschon viele von ihnen sehr unbedeutender Natur sind. Meine Absicht ist, zu zeigen, daß gewisse Bewegungen ursprünglich zu einem bestimmten Zwecke ausgeführt wurden und daß sie unter nahezu denselben Umständen noch jetzt hartnäckig in Folge der Gewohnheit ausgeführt werden, wenn sie auch nicht von dem geringsten Nutzen sind. Daß die Neigung zu dergleichen in den meisten der folgenden Fälle vererbt wird, können wir daraus schließen, daß derartige Handlungen in einer und derselben Weise von allen Individuen der nämlichen Species, von Jungen und Alten ausgeführt werden. Wir werden auch sehen, daß sie durch die allerverschiedenartigsten, oft weit hergeholten und zuweilen misverstandenen Associationen angeregt werden.



Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1877, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAusdruck.djvu/44&oldid=- (Version vom 31.7.2018)