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in Folge eines blossen Zufalls abnormer Weise in nicht weniger als sieben seiner Muskeln gewissen Affen gleichen sollte, wenn nicht ein genetischer Zusammenhang zwischen ihnen bestände. Stammt auf der andern Seite der Mensch von irgend einer affenähnlichen Form ab, so lässt sich kein triftiger Grund beibringen, warum gewisse Muskeln nach einem Verlauf von vielen tausend Generationen nicht plötzlich in derselben Weise wiedererscheinen sollten, wie bei Pferden, Eseln und Maulthieren dunkelfarbige Streifen auf den Beinen und Schultern nach einem Verlauf von Hunderten oder wahrscheinlich Tausenden von Generationen plötzlich wieder erscheinen.

Diese verschiedenen Fälle von Rückschlag sind denen von rudimentären Organen, wie sie im ersten Capitel mitgetheilt wurden, so nahe verwandt, dass viele von ihnen mit gleichem Recht in jedem der beiden Capitel hätten untergebracht werden können. So kann man sagen, dass ein menschlicher Uterus, welcher Hörner besitzt, in einem rudimentären Zustande das Organ repräsentirt, wie es gewisse Säugethiere im normalen Zustande besitzen. Manche Theile, welche beim Menschen rudimentär sind, wie das Schwanzbein bei beiden Geschlechtern und die Brustdrüsen beim männlichen Geschlecht, sind immer vorhanden, während andere, wie das supracondyloide Loch, nur gelegentlich erscheinen und daher in die Kategorie der Rückschlagsfälle hätten aufgenommen werden können. Diese verschiedenen auf Rückschlag ebenso wie auf Verkümmerung im strengen Sinne zu beziehenden Bildungen, decken die Abstammung des Menschen von irgend einer niederen Form in einer nicht miszuverstehenden Weise auf.

Correlative Variationen. — Beim Menschen stehen wie bei den niederen Thieren viele Bildungen in einer so intimen Beziehung zu einander, dass, wenn der eine Theil abweicht, ein anderer es gleichfalls thut, ohne dass wir in den meisten Fällen im Stande wären, irgend einen Grund beizubringen. Wir können nicht sagen, ob der eine Theil den andern beherrscht oder ob beide von irgend einem früher entwickelten Theile beherrscht werden. Wie Isid. Geoffroy wiederholt betont


    gelungen ist, die wichtigsten Formen nachzuweisen, welche, sobald sie am menschlichen Körper als Varietäten auftreten, in einer hinreichend characteristischen Weise das darbieten, was man in diesem Zweige der wissenschaftlichen Anatomie als Beweise und Beispiele für das Darwinsche Princip des Rückschlags oder das Gesetz der Vererbung betrachten kann“.

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/69&oldid=- (Version vom 31.7.2018)