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der Punkt größter Schwankung vom Planeten eben so weit absteht.[1] Indem nämlich der Planet sich allmählich entfernt und die Erde aus der Apsis hinaustritt, dauert die anfangs von Nord nach Süd ablenkende Schwankung fort[2] und bringt das Gestirn nach einem vorher südlich gelegenen Orte. Jetzt aber ist dieser umgekehrt zu einem nördlichen geworden, bis nach Ablauf der Schwankungsperiode die Ablenkung wiederum ein dem obigen vollkommen gleiches Maximum erreicht. Aehnlich ist das Verhalten im übrigen Halbkreise. So kommt es, daß die meist als Schwankung bezeichnete Ablenkung in Breite nie eine südliche wird. Auch hier kann man sich, wie wir dies oben andeuteten, den Vorgang mittels zweier conzentrischer Sphären mit verschiedener Achsenlage vorstellen.


Ueber den Merkur.[3]

Am wunderlichsten von allen Planetenbahnen ist die des Merkur, dessen Wege schwer zu erforschen, ja nahezu unerforschlich sind. Dazu kommt noch die Schwierigkeit, daß er meist in den Sonnenstrahlen verschwindet und sich nur an wenigen Tagen blicken läßt. Uebrigens läßt auch sein Lauf sich ermitteln, wenn man ihn nur mit tieferem Verständnis studiert. Auch Merkur hat wie die Venus, zwei Epicykel, die sich beide auf seiner Bahn drehen. Wie dort, so vollführt hier der größere seine Umläufe gleichzeitig mit der Hauptbahn, wobei seine Apsis 141/2 Grad dem Sterne Spica in der Jungfrau nachsteht. Der kleinere hingegen vollführt im entgegengesetzten Sinne zwei Umläufe; findet sich daher die Erde bei seiner Bahnapsis oder dem entgegengesetzten Punkte, so steht der Planet vom Zentrum des Hauptepicykels am weitesten


  1. Statt maxime illius deviationis punctus dürfte wohl (bei einmal angenommener neueren Schreibweise) richtiger maximae illius zu lesen sein; diese größte Schwankung liegt nämlich 30° von dem Durchschnittspunkte der Schwankungs-Bahnebene des Venus ab. – Cf. Riccioli Almagest, nov. I. 613, 638 sq.
  2. Statt deviationum liberamento continuatio ist wohl d. l. continuato zu setzen.
  3. Vgl. Rev. l. V, besonders c. 25 ff. (Nicht l. VI wie irrtümlich bei Prowe II. 200)
Empfohlene Zitierweise:
Nicolaus Copernicus, Adolf Müller (Übersetzer): Nicolai Coppernici de hypothesibus motuum coelestium a se constitutis commentariolus. J. A. Wichert, Braunsberg 1899, Seite 380. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Commentariolus_1899_German_Translation_Adolf_M%C3%BCller.djvu/22&oldid=- (Version vom 31.7.2018)