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Ueber die drei oberen Wandelsterne, Saturn, Jupiter und Mars.[1]

Saturn, Jupiter und Mars führen ähnliche Bewegungen aus; indem ihre Bahnen die oben besprochene große (Erd-) Bahn vollständig umschließen, drehen sie sich um das Zentrum der letzteren nach der Reihenfolge der Thierzeichen. Saturn vollführt seinen Rundgang in 30 Jahren, Jupiter in zwölf, Mars in 29 Monaten; gleichsam als ob die Größe der Bahn die Umläufe verzögere. Nehmen wir zum Halbmesser der Erdbahn 25 Teile, so wird jener der Marsbahn 30, der des Jupiter 1301/5, der des Saturn 2361/6 Teile in Anspruch nehmen. Dabei messe ich die Länge des Halbmessers vom Mittelpunkt der Bahn bis zu dem des Hauptepicykels. Es hat nämlich jeder Planet zwei Epicykel, von denen, wie wir dies beim Monde sahen, der eine den anderen trägt; jedoch ist die Art der Bewegung verschieden. Der Hauptepicykel hat eine der Bahnrichtung entgegengesetzte Bewegung, wobei die Umlaufszeiten die gleichen sind; der zweite hingegen vollführt gegen die Bewegung des ersten einen doppelten Umschwung. Befindet er sich deshalb in größter oder nächster Entfernung vom Zentrum der Hauptbahn, so ist der Planet dem Mittelpunkte des Hauptepicykels am nächsten, während er zur Zeit der mittleren Quadraturen am weitesten von demselben absteht.[2] Aus der Zusammenstellung dieser Bewegungen der Hauptbahn[3] der Epicykel mit ihren gleichförmigen Umläufen geht nun hervor, daß diese Entfernungen und Näherungen in durchaus bestimmten Himmelsgegenden stattfinden.

Im übrigen gelten überall durchaus feste Gesetze der Bewegung, wobei die Apsiden unverändert ihre Richtung beibehalten: bei Saturn liegen dieselben in der Richtung jenes Sternes, der sich im Ellbogen des Schützen befindet; bei Jupiter 8 Grad nach


  1. Vgl. im Hauptwerk lib. V. cap. 1–15.
  2. Vgl. obige Figur (Anmerk. 50).
  3. Man kann sich nämlich (vgl. Anm. 34) einen Punkt auf der festen Kreislinie oder auch den ganzen Kreis mit dem auf ihm festliegenden Punkte gedreht denken; die letztere Anschauungsweise kommt der Sphärentheorie der Alten näher.
Empfohlene Zitierweise:
Nicolaus Copernicus, Adolf Müller (Übersetzer): Nicolai Coppernici de hypothesibus motuum coelestium a se constitutis commentariolus. J. A. Wichert, Braunsberg 1899, Seite 374. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Commentariolus_1899_German_Translation_Adolf_M%C3%BCller.djvu/16&oldid=- (Version vom 31.7.2018)