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vermeinten, diese Ungleichheit mittels eines exzentrischen Kreises erklären zu können, fielen dabei in zwei offenbare Irrtümer. Daraus würde nämlich mit mathematischer Gewißheit folgen, daß der Mond zur Zeit der Quadraturen, wo er sich an der Innenseite des Epicykels befindet, vier mal größer erscheinen müßte (falls seine ganze Scheibe sichtbar wäre) als zur Zeit des Neu- oder Vollmondes; es sei denn, man behauptete thörichterweise ein wirkliches Wachsen und Abnehmen der Mondkugel. Es müßte auch wegen der im Verhältnis zur Entfernung großen Erde der scheinbare Unterschied in der Größe noch viel auffallender sein. Betrachtet man jedoch die Sache aufmerksam, so wird man finden, daß der Größenunterschied zur Zeit der Quadraturen und zur Zeit des Neu- und Vollmondes ein ungemein geringer ist; somit dürfte unsere Anschauungsweise nicht leicht in Zweifel zu ziehen sein. Bei den erwähnten drei Bewegungen in die Länge hat der Mond noch eine Bewegung in die Breite. Die Achsen der Epicykel liegen parallel des Bahnachse, weshalb der Mond aus seiner Bahnebene nicht heraustritt.

Diese Achse der Bahn ist jedoch gegen die Achse des größten Kreises der Ekliptik geneigt, weshalb der Mond von der Ebene der letzteren abweicht. Das Maß der Abweichung beträgt 5 Bogengrade; die Pole der Bahnebene beschreiben um jene der Ekliptik bei stets gleichbleibender Entfernung einen Kreis, ähnlich wie dies bei der Abweichung[1] erörtert ward. Hier hingegen findet die Bewegung gegen die Reihenfolge der Thierzeichen und viel langsammer statt, so daß zu einem vollständigen Umlauf 19 Jahre erforderlich sind. Nach der gewöhnlichen Anschauung geschieht dies, indem eine größere Sphäre in der die Pole der Bahnachse lagern, diese mit sich herumführt.[2] So dürfte die Zusammenstellung der Mondbewegungen sich erklären.[3]



  1. D. h. bei der Abweichung der Erdachse.
  2. M. C. 58 ff.
  3. Die Wiener Handschrift sagt: „Tandem igitur videtur haberi Lunae motuum fabrica;“ die Stockholmer: „Talem igitur videtur habere Luna motuum fabricam“ verdient offenbar den Vorzug.
Empfohlene Zitierweise:
Nicolaus Copernicus, Adolf Müller (Übersetzer): Nicolai Coppernici de hypothesibus motuum coelestium a se constitutis commentariolus. J. A. Wichert, Braunsberg 1899, Seite 373. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Commentariolus_1899_German_Translation_Adolf_M%C3%BCller.djvu/15&oldid=- (Version vom 31.7.2018)