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welche dem Stifte unterworfen wären, seien rechtlich (jure) verpflichtet, mit ihren Pfarrkindern, Kreuzen, Fahnen und Reliquien sich dabei einzufinden. Man bitte also, seinen Ordensgenossen zu empfehlen, sie möchten doch in ihren Predigten die Christgläubigen auffordern, sich an der Feier zu betheiligen und die reichen Ablässe zu gewinnen, die mit derselben verbunden seien. Da das Xantener Kapitel alle Franciscaner immer so freundlich aufgenommen und in einem eigens dazu hergerichteten Hause beherbergt habe, so hoffe es, man werde seiner Bitte nachkommen. Der Provinzial der Minoriten versprach in seinem Antwortschreiben, Alles zu thun, um dem Wunsche des Kapitels zu entsprechen[1].

     Zu derselben Zeit wandte man sich an den Herzog von Cleve, damit dieser seinen Vetter, den Bischof von Utrecht, David von Burgund, ersuche, den Pilgern seiner Diöcese einen Geleitsbrief auszustellen und seinen Pfarrern aufzutragen, sie möchten ihre Untergebenen zum Besuche der Heiligthumsfahrt (Heildomsfaert) in Xanten auffordern. Der Herzog schrieb einen Brief an den Bischof, und dieser war bereit, alles zu thun, was sein Verwandter verlangt hatte[2]. Nachträglich entstanden jedoch Schwierigkeiten, so daß das Fest in Holland, Brabant und Friesland nicht angekündigt wurde und die Bewohner jener Provinzen, die sonst den hl. Victor so eifrig verehrten und gegen das Jahr 1175 dem Scholasticus Berthold bedeutende Summen zum Baue der Westthürme geschenkt hatten, nicht erschienen.

     Unterdessen war man in Xanten bemüht, die Kirche und die Stadt für das kommende Fest in Stand zu setzen. Niemand war dabei eifriger, als der Kanonikus Gerhard Vaick. Er war mit dem Dechanten als Gesandter nach Cleve gegangen und that nach seiner Rückkehr alles, was in seinen Kräften stand, um das alte romanische Kirchenschiff, das 1464 noch stand, und den erst jüngst vollendeten Chor zu erneuern und auszuzieren. Um den Zugang zu den Reliquien zu erleichtern, ließ er nicht

  1. Der Anfang des Briefes des Kapitels zeigt, wie weit man schon 1464 in Höflichkeitsformeln ging und wie wir Deutsche von Alters her an Titulaturen gewohnt sind. Er beginnt so: „Reverendo in Christo parti et eximio Theologiae Professori, domino Hermanno, ordinis fratrum minorum, Ministro provinciae Coloniensis, domino tanquam patri nostro observandissimo. Reverende in Christo pater et domine, vir observandissime, amice noster excolendissime. Post tam debitam quam sinceram commendationem seipsos etc.“ … Das Antwortschreiben des Ordensmannes ist viel einfacher abgefaßt. Sein Anfang lautet „Egregiis et venerabilibus dominis, Decano ceterisque canonicis Xantensibus.“
  2. * Heimeric. fol. 36. Die Briefe fol. 23, 26 und 27.
Empfohlene Zitierweise:
Stephan Beissel: Die Victortracht des Jahres 1464 In: Die Bauführung des Mittelalters. Studie über die Kirche des hl. Victor zu Xanten. Freiburg im Breisgau: Herder, 1889, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beissel_%E2%80%93_Die_Victortracht_des_Jahres_1464.djvu/12&oldid=- (Version vom 31.7.2018)