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     Unmittelbar nach Abschluß der Verhandlungen reichte der Kurfürst Ruprecht, ein Enkel des Königs Ruprecht von der Pfalz, dem Herzoge von Cleve die Hand und begann höflich und freundlich sich mit ihm zu unterhalten, wie die Umstände es verlangten. Es hatten sich aber die Fürsten kaum einige Zeit besprochen, da drängte sich der Dechant von Xanten aus dem Kreise der Ritter und Herren hervor und schritt entschieden auf den Kurfürsten zu, der ja sein Erzbischof war. Herzog Johann erkannte sogleich, was Heimerich vorhabe, und war froh, daß derselbe mit seinem Anliegen sich nahte, weil so der heiklen Unterredung eine leichtere Wendung gegeben wurde. Er erbat also dem Dechanten die Erlaubniß, seine Bitte begründen zu dürfen. Der Erzbischof gab sie, und Dechant Arnold begann eine Rede (harenga), die, wie er selbst erzählt, nicht kurz ausfiel, weil er sich seines Rednertalentes bewußt war und es gerne glänzen ließ. Mit Interesse folgte der Erzbischof der Ansprache, wandte sich dann aber an seine Räthe und beauftragte sie, die Sache in Erwägung zu ziehen. Nach einiger Zeit brachte Graf Gumpert (Engelbert) von Neuenahr dem Dechanten einen Bescheid, der fast ebenso lautete, wie jener, den das Kapitel seiner Zeit in Cleve erhalten hatte. Engelbert sagte, der hochwürdigste Herr habe die Bitte auf das Gnädigste aufgenommen. Da er aber über die Sachlage nicht genau genug unterrichtet sei, bäte er die Xantener Herren, es möge einer oder der andere von ihnen nach Köln kommen, um dort Vortrag zu halten und dann die Antwort entgegenzunehmen. Unter dieser höflichen Form verbarg sich zugleich eine feine Zurechtweisung, insofern dem Kapitel bedeutet wurde, daß nicht an erster Stelle der neue Landesherr, sondern der Erzbischof und sein Generalvikariat wegen der kirchlichen Festfeier zu befragen seien, und zwar nicht an einem solchen Orte und unter Umständen, wie sie jetzt lägen.

     Bald nachher stiegen die Fürsten, Ritter und Geistlichen auf ihre Rosse und ritten zurück in ihr Lager und in ihre Heimath. Jeder hatte das Bewußtsein, daß der abgeschlossene Friede nicht von Dauer sein könne. Der Dechant berichtete dem Kapitel über alle Vorgänge. Schon


und das clevische Landesbisthum von Dr. R. Scholten. Cleve 1884. Der Friedensvertrag von 1464, in Mörs am 22. Mai beurkundet und besiegelt, bei Lacomblet 4 S. 404. Seine Interimsbestimmungen wurden 1473 und 1481 erneuert, nachdem 1467 das Bündniß zwischen Köln und Geldern zur Wiedererlangung von Xanten erfolglos geblieben war. 1496 verfügt der Herzog von Cleve über Xanten wie über unbestrittenes Eigenthum. Lacomblet 4 S. 418, 465, 518 und 592 mit S. 666 Anm.

Empfohlene Zitierweise:
Stephan Beissel: Die Victortracht des Jahres 1464 In: Die Bauführung des Mittelalters. Studie über die Kirche des hl. Victor zu Xanten. Freiburg im Breisgau: Herder, 1889, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beissel_%E2%80%93_Die_Victortracht_des_Jahres_1464.djvu/09&oldid=- (Version vom 31.7.2018)