Textdaten
Autor: Heinrich XXVIII. Prinz Reuß zu Köstritz
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Titel: Der korrekte Diener
Untertitel: Handbuch für Herrschaften und deren Diener
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Herausgeber:
Auflage: 1
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1900
Verlag: Paul Parey
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Scans eines fotokopierten Exemplars (Provenienz der Kopie: Geschäftsbibliothek des Verlags Paul Parey)
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Für diese Edition wurden geeignete Überschriften ergänzt, diese werden von eckigen Klammern [] umfasst.

[1]

Der korrekte Diener.
Handbuch für Herrschaften und deren Diener
von
Heinrich XXVIII. Prinz Reuß j. L.
Mit Textabbildungen.
Berlin.
Verlagsbuchhandlung Paul Parey.
Verlag für Landwirtschaft, Gartenbau und Forstwesen.
SW., Hedemannstraße 10.
1900.


[Widmung]

[5]

Dem Fürsten
Christian Ernst zu Stolberg-Wernigerode
freundschaftlichst zugeeignet.


[Vorrede]

[7] Der Beifall, den zu meiner Freude mein kleines Buch

„Der korrekte Kutscher“

gefunden hat, welches, wie ich offen gestehe, zu meiner großen Überraschung sogar seine Wiedergeburt in Gestalt der zweiten Auflage feiern durfte, ermutigen mich, einige Worte über ein Thema zu schreiben, von welchem meines Wissens gar keine Litteratur existiert.

„Der korrekte Diener“

ist auch ein Titel, den sich Viele zulegen, ohne auch nur entfernt eine Ahnung zu haben, was dazu gehört, ehe dieses Epitheton ornans wirklich als Bezeichnung für die vorhandenen Kenntnisse gelten kann.

Zu zeigen, wer diesen Titel mit Recht und wer mit Unrecht führt, ist der Zweck dieser Zeilen und es würde mich freuen, wenn es mir gelungen sein sollte, mit Vorliegendem auch dem Hauspersonal eine kleine Quelle zur Belehrung erschlossen zu haben.

[Äußere Erscheinung]

[9] Bei der großen Anzahl wirklich guter Diener, die man namentlich auf dem Lande findet, wird manchem vielleicht das Beginnen, auch hier noch reformierend wirken zu wollen, ganz überflüssig erscheinen.

Ich stehe keinen Augenblick an, zuzugeben, daß die Mehrzahl dieser Leute ihren Dienst treu, gewissenhaft und zur vollen Zufriedenheit ihrer Herrschaft erfüllt.

Dem strengeren Kritiker aber fällt doch bei genauerer Beobachtung so manches unangenehm auf, sei es in den äußeren Formen oder bei der Ausübung der Dienstobliegenheiten.

Daß von allen Nationalitäten unsere deutschen Diener bei weitem die besten sind, möchte ich mit aller Bestimmtheit behaupten und der oft bestechende äußere Chic der Ausländer, der leider viele deutsche Herrschaften veranlaßt, sich mit fremdländischem Personal zu umgeben, wird dieses Urteil auf die Dauer nicht zu erschüttern vermögen.

Ich kenne genug deutsche Kammerdiener, die, richtig angeleitet, ihren vielgerühmten englischen Kollegen in keiner Beziehung nachstehen, ja sie sogar weit übertreffen.

Es soll indeß nicht geleugnet werden, daß der deutsche Durchschnittsdiener einen natürlichen Chic nicht besitzt, wenigstens nur in Ausnahmefällen. Wohl aber bestreite ich [10] mit aller Entschiedenheit die oft aufgestellte Behauptung, es sei ihm dieser Chic auch nicht beizubringen. Wo diese Erfahrung gemacht wurde, liegt es doch in der Mehrzahl der Fälle an mangelhafter Instruktion und dem absoluten Unvermögen, selbst zu beurteilen, was man überhaupt unter einem korrekten Diener zu verstehen hat.

Fassen wir jetzt zuerst die äußere Erscheinung eines solchen ins Auge. Ebenso wie beim Stallmann gilt es nun einmal in eleganten Häusern für unerläßlich, daß der Diener keinen Schnurrbart trage. Ein kleinerer, nicht zu langer Backenbart findet sich dagegen häufig auch bei Leuten wirklich eleganter Häuser und braucht nicht als inkorrekt verworfen zu werden. Stets gut rasiert und frisiert zu sein, ist selbstredend ein Bestreben, das jeder elegante Diener unbedingt haben muß.

Ein Stehkragen umschließt den Hals und eine zu einer kleinen, ordentlichen Schleife gebundene Kravatte bildet hier den Abschluß. Trägt der Diener einen zugeknöpften Frack, so kann er auch statt der Schleifenkravatte ein sog. Plastron anlegen, doch gilt das erstere in allen Fällen für eleganter.

Nicht Jedermanns Sache ist es, sich die Kravatte ordentlich binden zu können, ja mancher erlernt diese Kunst – denn eine solche ist es beinahe – niemals. Ich möchte deshalb empfehlen, die Diener fertig gemachte Kravattenschleifen tragen zu lassen, die man für ein Billiges in allen besseren diesbezüglichen Geschäften erhält und die viel länger frisch bleiben, als man gemeinhin annimmt, außerdem vermöge ihrer Billigkeit keine großen Ausgaben verursachen.

Ein schwer zu beschreibendes Thema bildet die Livree.

[11] Ist überhaupt nur eine Sorte Livree vorhanden, so vermeide man, dem Anzug einen anderen Schnitt als den des Fracks zu geben, wobei es als gleich elegant betrachtet werden kann, ob derselbe offen oder zugeknöpft ist. (Fig. 1.)

Fig. 1

[12] Der Frack der Lakaien ist rückwärts mit zwei Taillenknöpfen und sechs auf zwei Patten sitzenden Knöpfen versehen. (Fig. 2.)

Der Kammerdiener-Frack dagegen hat rückwärts nur die beiden Taillenknöpfe. (Fig. 3.)

Fig. 2 / Fig. 3

Die Farbe des Frackes hängt von derjenigen der betreffenden Wappenfarben ab, jedoch würde ich für den einfachen Frack stets dunklen Farben, als eleganter aussehend, den Vorzug geben. Auch mit den Wappenfarben, sollten sie zufälligerweise nur in ganz hellen Nuancen vorhanden sein, läßt sich dies sehr gut in Einklang bringen, indem man z. B. das Hellblau des Wappens mit Dunkelblau in der Livree zum Ausdruck bringt.

[13] Den Frack, wo nur wenig, oder gar nur ein Diener vorhanden ist, so einfach als möglich, mit Vermeidung von Tressen etc. zu halten, kann nicht warm genug empfohlen werden.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich gleich erwähnen, daß ich bei der Beschreibung der Livreen vieles als korrekt werde bezeichnen müssen, was sich mit den althergebrachten Familienlivreen alter, vornehmer Häuser nicht wird in Einklang bringen lassen.

In diesem Falle wird es natürlich auch dem peinlichsten Kritiker nicht im entferntesten einfallen, die Eleganz des betreffenden Hauses deswegen anzuzweifeln.

Für gewöhnlich aber glaube ich doch, daß die hier aufgestellten Regeln in der eleganten Welt als korrekt anerkannt werden.

Die Weste soll im Gegensatz zum Frack bunt sein, z. B. rot oder gelb. Sie ist halb ausgeschnitten, hat etwa 5–6 Knöpfe und einen umgelegten Shawl.

Die Hose kann lang oder kurz sein. Im ersteren Falle ist sie meist mit einer Biese in der Farbe des Frackkragens versehen, während sie im letzteren Falle stets von Plüsch sein muß.

Kurze Hosen von Tuch sind nur für Trauerlivreen statthaft.

Auf die kurzen Hosen der Kammerdiener komme ich noch bei der Beschreibung dieser selbst in einem besonderen Abschnitt zurück.

Die Diener oder Lakaien, wie sie in größeren Häusern genannt werden, tragen da, wo die Hose unter dem Knie [14] endet, einen goldenen oder silbernen Kniegürtel, der gleichzeitig zum Befestigen der Hose dient.

Korrekterweise müßte der Diener stets Strümpfe und Schuhe tragen.

Wer es verantworten will, seine Leute, besonders auf dem Lande, dadurch beständigen Erkältungen auszusetzen, der mag sich mit seinem Gewissen und dem guten Willen seiner Leute abfinden.

Ganz anders liegt die Sache in der Stadt, wo die ganze Art der Wohnungseinrichtungen die Leute wohl kaum je den Gefahren einer Erkältung aussetzen dürfte. Ich würde es dort für sehr unchic halten, die Lakaien anders als in Strümpfen und Schuhen beim Diner servieren zu lassen.

Fürs Land ist uns in der Gamasche ein so gutes, anständig aussehendes und altbewährtes Hilfsmittel an die Hand gegeben, daß ich nicht begreife, wie viele Menschen sich hierüber den Mund zerreißen können.

Ich setze hierbei allerdings voraus, daß die Gamasche aus drapfarbenem Tuch angefertigt ist und nicht aus blauem oder sonstwie farbigem Stoffe, da dies nicht für korrekt gelten würde.

Ferner müssen die Knöpfe aus Perlmutter sein, niemals aber etwa aus Metall, womöglich mit aufgeprägtem Wappen.

Sollen Strümpfe und Schuhe getragen werden, so wählt man in eleganten Häusern hierfür seidene Strümpfe und Lackschuhe.

In den meisten Fällen sind die Strümpfe schwarz oder rosa. Weiße Strümpfe dagegen, wie dies früher Mode war, können Anspruch auf Eleganz jetzt nicht mehr erheben.

[Der Kammerdiener]

[15] Ich gehe nun zur Beschreibung des Kammerdieneranzugs über.

In der Regel wird man den eleganten Kammerdiener ganz schwarz anziehen und zwar: schwarzer Frack eventuell mit Sammtkragen, natürlich in derselben Farbe, Knöpfe entweder mit schwarzem Stoff überzogen oder kleine glatte Metallknöpfe. Auch der ganz dunkelblaue Frack ist sehr elegant, zu beiden Arten werden aber schwarze Hosen und eine weiße Weste, diese jedenfalls mit Metallknöpfen getragen. Die Weste ist ebenso weit ausgeschnitten, als die Westen bei eleganten Civilfrackanzügen, also tiefer wie bei den Lakaienwesten. Werden kurze Hosen getragen, so müssen sie von schwarzer Seide sein, die Strümpfe immer schwarz und die ausgeschnittenen Lackschuhe mit stählernen Schnallen versehen.

Es ist hierbei ganz gleichgültig, ob die sonstigen Livreeknöpfe gelb oder weiß sind. In beiden Fällen trägt der Kammerdiener gelbe Knöpfe und Schuhschnallen aus Stahl, natürlich glänzendem.

Wo kein Haushofmeister vorhanden ist, wird der Kammerdiener als erster die Funktionen desselben zu übernehmen haben, ich kann also davon absehen, den Haushofmeister noch besonders zu erwähnen, und beschränke mich darauf, die Pflichten eines leitenden ersten Dieners überhaupt zu beschreiben.

Dies ist ein sehr viel schwierigerer Posten als die meisten Menschen und leider auch die meisten Kammerdiener selbst glauben.

Letzterer ist für alles verantwortlich und von seiner besseren oder schlechteren Art, den Betrieb des Hauses zu leiten, hängt oft das Renommé desselben ab. Unmanierlichkeiten [16] und Nachlässigkeiten der übrigen Leute werden stets ihm zur Last fallen, denn ihm liegt es ob, darüber zu wachen, daß seine Untergebenen gute Formen haben, woraus klar erhellt, daß er sie selbst in hohem Grade besitzen muß.

In erster Linie wird dies bei den Mahlzeiten in Erscheinung treten, die daher mit Recht als ein Prüfstein für die in einem Hause überhaupt herrschenden Manieren angesehen werden können.

Kurz vor Beginn der Mahlzeit überzeuge er sich – und zwar täglich – aufs genaueste davon, ob alles in Ordnung ist. Er beobachte, ob korrekt gedeckt ist, die Plätze gleich weit von einander entfernt sind, und sorge dafür, daß nichts fehle, da es einen kläglichen und für ihn sehr ungünstigen Eindruck macht, wenn sich im Laufe der Mahlzeit herausstellt, daß etwas, z. B. das Salz vergessen ist und dieser Fehler dann mit einer gewissen Hast mitten während des Diners durch nachträgliches Herbeiholen wieder gut gemacht wird!

Ferner überlege er genau, welchem Gast er als dem Vornehmsten zuerst zu präsentieren hat, oder, wenn ihm selbst nur die Direktion des Diners obliegt, versäume er nicht, den als ersten servierenden Lakaien nach dieser Richtung genau zu instruieren.

Über diesen Punkt, während die Mahlzeit schon im Gange ist, wie es – unglaublich aber wahr! – leider oft geschieht, erst mit seinen Kollegen gewissermaßen eine Beratung abzuhalten, macht einen sehr üblen Eindruck. Sprechen während des Diners, und wenn es noch so leise geschieht, muß durchaus vermieden werden und nur durch möglichst unauffällige Winke sollte der Erste, wenn er es für nötig hält, seine Lakaien dirigieren.

[17] Er versäume nicht, öfters nach dem Hausherrn hinzublicken, um etwaige Befehle desselben augenblicklich in Empfang nehmen zu können. Grade dies ist ein Punkt, den die meisten Kammerdiener gar nicht beachten. Nur mit der Beaufsichtigung des Dienstes beschäftigt, scheinen sie gegen die immer deutlicher werdenden Winke des Hausherrn, der eine Kleinigkeit anordnen will, blind und taub zu sein. Schließlich muß derselbe laut den Namen rufen und zieht so die Aufmerksamkeit der ganzen Gesellschaft auf einen an sich ganz gleichgültigen Vorgang, der bei einiger Aufmerksamkeit gänzlich unauffällig geblieben sein würde.

Das ganze Diner muß sich vollkommen lautlos abspielen.

Durch Unterlegen eines dicken Tuches sorge er beim Decken der Tafel dafür, daß jedes störende Geräusch beim Aufsetzen der Teller vermieden wird. Kein Klappern mit den Bestecken darf zu hören sein, kein Tritt der Servierenden. Dabei müssen sie mit einer gewissen Würde um den Tisch gehen, ohne jede Hast, eher zu langsam, als zu schnell.

Laufen sie in größter Eile, wie die Kellner in einem Restaurant um die Tafel, so macht dies keinen vornehmen Eindruck.

Zwar ist es für ein elegantes Diner wünschenswert, daß es nicht lange daure – man rechnet für ein großes Diner höchstens eine Stunde – doch muß dies nicht durch schnelles Umherrennen der Lakaien, sondern durch präzises Ineinandergreifen des ganzen Apparates erreicht werden.

Die neuerlich in vielen Häusern eingeführte Sitte, die Teller ohne Bestecke hinzusetzen, halte ich für außerordentlich praktisch. Dies geschieht in der Weise, daß schon beim [18] Decken der Tafel neben jedes Couvert Messer und Gabel hingelegt werden.

Während des ersten Ganges werden neue Bestecke gebracht u. s. f. Es müssen also stets reine Bestecke neben den Couverts liegen.

Er orientiere sich vorher genau über den Küchenzettel, damit er in der Lage ist, die richtige Anzahl Teller und Bestecke vorher bereit zu halten.

Dessertteller werden mit einer kleinen Serviette versehen, auf diese die Dessertbestecke gelegt und nebeneinander gestellt auf einem Nebentisch bereit gehalten. Dort stehen auch die Gläser für die Extraweine, von denen er natürlich sich auch vor Beginn der Tafel die genügende Anzahl Flaschen bereit stellt. Auch mache er sich klar, wann die einzelnen Sorten einzuschenken sind. Daß dies nicht immer vorher geschieht, beweist mir ein Erlebnis bei einem Diner auf dem Lande, allerdings in einem nichts weniger wie gut gehaltenen Hause.

Dort kam es beim Einschenken des Rheinweines zu einem lauten Disput zwischen der Frau des Hauses und dem Diener und zwar über die Frage, ob der Rheinwein in die grünen oder die weißen Gläser einzuschenken sei!!!! Schließlich wurden die Gäste aufgefordert, sich zu dieser Frage zu äußern!

Der Kammerdiener sei aufmerksam darauf, welche Weine anscheinend von den einzelnen Gästen bevorzugt werden und schenke ihnen dementsprechend nach. Die Gläser der Extraweine werden nicht wie diejenigen für den Tischwein von vornherein auf die Tafel gesetzt, sondern auf einem silbernen Tablett in der Weise herumpräsentiert, daß höchstens drei Gläser sich gleichzeitig darauf befinden, die schon gefüllt angeboten [19] werden, wobei der Name des Weines halblaut genannt wird.

Dies geschieht mit allen Extraweinen, ausgenommen Champagner, für den die Gläser schon beim Decken mit auf die Tafel gestellt werden.

Sind genug Leute vorhanden, so folgt dem Kammerdiener ein Lakai mit einem zweiten Tablett leerer Gläser, mit denen er die abgenommenen auf dem Tablett des Kammerdieners lautlos ergänzt.

Es werden kleine runde Tabletts hierfür verwendet.

Ebenso, wie die Diener sich bemühen müssen, den Tafeldienst lautlos zu verrichten, dürfen sie auch von nichts Notiz nehmen, was außerhalb desselben liegt. Nimmt die Konversation der Gäste eine heitere Richtung, so wäre es ganz unstatthaft, wollten die Diener durch Grinsen, oder – horribile dictu! – gar Kichern zu erkennen geben, daß auch sie durch die betreffenden Witze amüsiert seien. Sie werden sich ihre Heiterkeitsausbrüche bis nach dem Diner aufsparen müssen.

Nähert sich die Tafel ihrem Ende, so postieren sich die Diener hinter den Stühlen, um diese beim Aufstehen der Herrschaften durch langsames Zurückziehen aus dem Wege zu räumen. Der Diener vergesse dabei nicht, daß ihm die Natur zwei Arme verliehen hat, er also auch in der Lage ist, zwei Stühle gleichzeitig zurückzuziehen, was nur allzu häufig vergessen wird.

Nach dem Diner wird im Salon der Kaffee, je nach Anzahl der Gäste auf einem oder mehreren, keinesfalls zu großen Tabletts präsentiert. Gleichzeitig bietet der Kammerdiener Liköre an und zwar in der Regel Cognac und einen [20] süßen. Hierbei hält er in jeder Hand eine Flasche und befragt mit leiser Stimme, durch Nennen des Namens der betreffenden Sorte, jeden Gast, was dieser zu trinken wünscht. Nachdem er dies festgestellt hat, schenkt er eines der Gläser, die ein Lakai auf einem runden Tablett hinter ihm her trägt, voll. (Fig. 4.)

[Meldungen und Besuche]

Wird ein Lakai durch Klingeln in den Salon gerufen, so begiebt er sich möglichst schnell dorthin und erwartet, in der Nähe der Thüre stehen bleibend, den Befehl. Ist das im Salon anwesende Mitglied der Herrschaft etwa momentan beschäftigt, so wartet er ruhig ab, bis er angeredet wird.

Glaubt er sich überzeugt zu haben, daß sein Eintritt wirklich übersehen sei, so kann er durch ein bescheidenes „Der Herr Baron befehlen?“ oder eine ähnliche Redewendung die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen suchen. Wirklich gut geschulten Lakaien wird dieses „Übersehenwerden“ am allerersten passieren, was ihnen dann nur zum Lobe gereichen kann, denn je leiser ein Lakai sich zu bewegen weiß, um so besser ist der Eindruck, denn er macht. Er bemühe sich deshalb, stets so leise zu gehen, als er irgend kann, Thüren geräuschlos zu schließen und überhaupt jeden unnötigen Lärm zu vermeiden.

Dies wird er am ersten erreichen, wenn er stets, wie beim Servieren, sich ohne Hast mit einer gewissen Würde bewegt. Das plötzliche Hereinstürzen ins Zimmer, wie zu einer Feuermeldung, macht einen schlechten Eindruck, wirkt oft erschreckend und dadurch unangenehm.

Fig. 4

[22] Bringt der Lakai einen Brief, eine Zeitung oder dergleichen herein, so hat er sie auf einem Tablett zu präsentieren und nicht mit der Hand direkt zu überreichen. (Fig. 5.)

Meldungen werden möglichst deutlich abgestattet. Ist Besuch da, so wird dies mit folgenden Worten gemeldet: Herr von so und so wünscht seine Aufwartung zu machen, oder: Ich melde unterthänigst den Wagen.

Läßt sich jemand, z. B. ein Lieferant in einer geschäftlichen Angelegenheit melden, so geschieht das in folgender Weise, z. B.: Der Tischler X. frägt an, ob ihn Euer ... empfangen wollen.

Falsch wäre es in diesem Fall z. B. zu sagen: Der Tischler X. will Euer ... sprechen.

Nimmt er dagegen an, daß sein Eintritt bemerkt sei, so warte er ruhig die Anrede ab.

Dies gilt besonders in den Fällen, wo er ungerufen, etwa zu einer Meldung, das Zimmer betritt.

Hierbei darf er in keinem Fall sprechen, bevor er nicht, etwa durch Anblicken oder eine Handbewegung dazu aufgefordert wird.

Ein unvorbereitetes Ansprechen wird von dem betreffenden Mitgliede der Herrschaft, besonders wenn dieses vielleicht mit Lesen oder Schreiben beschäftigt sein sollte, stets als unangenehme Störung empfunden werden und dem Lakaien den Ruf eines manierenlosen, schlecht erzogenen Menschen eintragen.

In diesen Ruf wird er auch kommen, wenn er beim Servieren nicht darauf achtet, daß der Betreffende beschäftigt ist, z. B. gerade das Glas zum Munde führt. Er hat dann die Schüssel wieder zurück zu ziehen und so lange zu warten, [23] bis der Herr oder die Dame das Glas wieder auf den Tisch gesetzt haben.

Fig. 5.

Nachdem in Vorstehendem gezeigt wurde, wie Besuch anzumelden ist, scheint es geboten zu beschreiben, in welcher [24] Weise er empfangen werden muß. Klingelt es, so begiebt sich der Lakai, nachdem er sich vorher den Frack angezogen, möglichst schnell an die Entreethür und öffnet. Ist ihm der Besucher bekannt, so wartet er nach höflicher Begrüßung dessen Anrede ab, die in den meisten Fällen in der Frage, ob die Herrschaften zu Hause seien, bestehen wird.

Der Lakai erwidere hierauf: „Ich werde gleich nachsehen“, und umgehe auf diese Weise eine direkte Antwort, da er nicht wissen kann, ob seine Herrschaft zu Hause sein will.

Ist dies der Fall, so sagt er bei seiner Rückkehr von der Anmeldung: „Sehr angenehm“, oder: „Die Herrschaften lassen bitten“.

Hierauf sei er dem Besuch beim Ablegen der Garderobe behülflich und öffne die Thür zum Besuchszimmer. Sollten mehrere Zimmer zu durchschreiten sein, so lasse er den Besuch stets zuerst durch die Thüren gehen, gehe dann, um den Weg zu zeigen, etwas voraus, bleibe aber bei jeder Thür wieder zurück.

Sollte der Besuch auf eine falsche Thür zugehen, so macht der Lakai auf diesen Irrtum durch ein bescheidenes „Ich bitte gehorsamst hier!“ aufmerksam, indem er gleichzeitig nach der richtigen Thüre zeigt.

Will die Herrschaft den Besuch nicht annehmen, so teile dies der Lakai in folgender Form mit: „Die Herrschaften bedauern sehr, sie wollen gerade ausfahren“, oder er gebe einen anderen Grund an, wie ihm derselbe von seiner Herrschaft gesagt ist.

Wurde ihm dagegen kein besonderer Grund für die Nichtannahme des Besuchs mitgeteilt, so sage er einfach: [25] „Die Herrschaften sind nicht zu Hause“. Grade diese Redensart ist oft von großen Moralisten aufs schärfste angegriffen worden, mit der Begründung, man verleite seine Leute zum Lügen. Jedem mit dem großen geselligen Leben nur einigermaßen Vertrauten wird das Lächerliche dieser Behauptung von vorn herein klar sein, da kein verständiger Mensch in dieser sogenannten „Lüge“ etwas anderes sehen wird, als eine höfliche Umschreibung der weniger verbindlichen Form: „Ich habe weder Lust noch Zeit, Dich zu empfangen!“

Was für Dinge bei schlecht erzogenen, minder begabten Lakaien übrigens möglich sind, beweist der Umstand, daß gerade diese Redensart, die wohl im Scherz dem meldenden Diener von seinem Herrn gemacht wurde, wortgetreu dem draußen harrenden Besucher zu dessen größtem Gaudium übermittelt wurde.

Kennt der Diener den Besuch nicht, so fragt er: „Wen habe ich die Ehre zu melden?“ und nicht etwa: „Wer sind Sie?“ oder: „Was wünschen Sie?“

Beim Fortgehen des Besuches helfe er ihm die Garderobe anlegen und öffne die Entree- oder Hausthür. Er wird, da er nicht wissen kann, wann der Besuch wieder fort geht, deshalb gut thun, so lange, bis dies erfolgt, im Vorzimmer zu warten.

Bemerkt er eine Unordnung an dem Anzug des Gastes, z. B. Herausstehen des Paletothenkels, oder einen Schmutzspritzer, wie man ihn in der Stadt oft durch einen vorüberfahrenden Wagen erwischt, so mache er darauf aufmerksam, sorge auch gegebenen Falles durch schleuniges Abbürsten für die Entfernung dieses Übelstandes.

[26] Soll der Lakai mit der Herrschaft ausfahren, so sorge er dafür, daß er zur rechten Zeit fertig angezogen ist. Die rechte Zeit ist für ihn mindestens fünf Minuten, ehe der Wagen vorfährt.

Er achte darauf, ob sein Anzug sich in tadelloser Verfassung befindet, ganz besonders, ob sein Hut sauber abgebürstet ist und nirgends in den Seidenhaaren desselben eine Unordnung vorhanden sei.

Ein nicht gut gehaltener Livreecylinder macht einen sehr üblen Eindruck.

Der Kutscher giebt sich vielleicht die größte Mühe, seine Equipage tadellos herauszubringen, ist auch selbst vollkommen korrekt und dann wird ihm der Totaleindruck durch einen salopp angezogenen Lakaien verdorben.

Der Diener bedenke, daß, je eleganter die Equipage seiner Herrschaft ist, dieselbe um so mehr beachtet und kritisiert wird, und er mit ihr.

Will die Herrschaft einsteigen, so öffne er behende den Wagenschlag und sei beim Einsteigen behilflich. Dies hat durch ein leichtes Unterlegen der Hand unter den Unterarm des Einsteigenden und gleichzeitig durch eine vorsichtig hebende Bewegung zu geschehen.

Hierauf besteige er schnell den Bock und übermittle dem Kutscher den Befehl, wohin die Fahrt gehen soll.

Er sitze grade und ungezwungen da, die Beine nicht vorgestreckt, die Hände zwanglos im Schoß ruhend.

Nähert man sich dem Ziel der Fahrt, so mache er sich schon bei Zeiten zum Abspringen bereit, da er den Wagen noch während der Fahrt zu verlassen hat.

[27] Denselben Rat, den ich in meinem Buche „Der korrekte Kutscher“ dem Stallmann erteilte, praktische Übungen im Abspringen an einem unbespannten Wagen in der Remise vorzunehmen, um sich vor den Folgen eines meist mehr lächerlichen als gefährlichen Sturzes zu bewahren, erteile ich auch jedem Lakaien aufs wärmste, ja er wird mehr genötigt sein, ihn zu befolgen, als der Stallmann, da dieser doch schon durch sein Metier viel mehr Übung im Abspringen von einem Wagen besitzen dürfte.

Soll der Diener seine Herrschaft in einem fremden Hause zu Besuch anmelden, so begiebt er sich in die betreffende Wohnung, klingelt und nimmt, sowie geöffnet wurde, den Hut ab. Hierauf fragt er den Öffnenden: „Sind die Herrschaften zu Hause?“ und, wird dies bejaht: „Herr Graf und Frau Gräfin X. (Name seiner Herrschaft) wünschen ihre Aufwartung zu machen.“

Wird die Herrschaft angenommen, so eilt er an den Wagen zurück und öffnet den Wagenschlag, zugleich meldend: „Die Herrschaften lassen bitten!“

Hierauf ist er beim Aussteigen in derselben Art wie beim Einsteigen behülflich und begiebt sich, falls dies nicht ausdrücklich bestimmt wird, mit bis in das Vorzimmer der Wohnung, wo er die Rückkehr seiner Herrschaft erwartet.

Ist dagegen die zu besuchende Herrschaft nicht zu Hause, so entnimmt er der Visitenkartentasche, die er auf allen Visitentouren bei sich zu führen hat, die Karten seiner Herrschaft, die er dann abgiebt.

Wieviel und welche Karten er abzugeben hat, wird den meisten Lakaien absolut rätselhaft sein und bleiben, und [28] zwar aus dem einfachen Grunde, weil ihnen nur in den seltensten Fällen hierüber eine Erklärung, wohl aber sehr häufig maßlose Grobheiten zu teil werden, wenn sie es falsch gemacht haben.

Das Rätsel ist aber höchst einfach zu lösen.
Regel I.: Damen besuchen nur Damen.
Regel II.: Herren besuchen Damen und Herren.

Beispiel: Familie X. besteht aus Mann und Frau. Gesetzt den Fall, Familie Y. machte dort Besuch, so wird, da Frau Y. nur Frau X., nicht aber auch Herrn X. besucht, nur eine Karte von Frau Y., dagegen zwei Karten von Herrn Y. abgegeben, da dieser Herrn und Frau X. besucht.

Diese einfache Regel sich einzuprägen, dürfte genügen, denn sollen noch mehr Karten, z. B. für eine erwachsene Tochter, abgegeben werden, so wird man ihm dies schon mitteilen.

Über das Wesen der Visitenkarten orientiert zu werden, dürfte dem Diener schon deshalb lieb sein, damit er vor ähnlichen Erfahrungen bewahrt bleibe, wie sie ein jugendliches Mitglied seiner Zunft machte, das in kindlicher Unschuld, auf die Frage seines Visiten fahrenden Herrn, ob er noch genug Karten habe, antwortete: „Nur noch den Schellenober und die grüne Zehn!“

[Garderobe]

Eine der zugleich schwierigsten und dabei wichtigsten Funktionen des Dieners ist die persönliche Bedienung seines Herrn.

[29] In dieser steten Berührung wird sich am ersten zeigen, ob er brauchbar ist oder nicht, denn daß dieser Dienstzweig einfach oder leicht sei, soll keinen Moment behauptet werden.

Zunächst mache er sich aufs genaueste mit den Gewohnheiten seines Herrn vertraut, um seinen Dienst zur Zufriedenheit ausüben zu können.

Macht er die Garderobe zum Anziehen zurecht, so überlege er, nachdem er die Sachen zurecht gelegt hat, ob er auch nichts vergessen habe.

Zuerst wird der Rock hingelegt, darauf die Weste und auf diese die Beinkleider. Daneben liegt das Hemd, in das er – aber nur mit vorher auf ihre Sauberkeit geprüften Händen – die Manschetten und Chemisettknöpfe einzuknöpfen hat. Hierauf wird der rückwärtige Teil des Hemdes zusammengerafft bis zum Kragen hinauf, und dann wird das Hemd mit der Vorderseite nach unten hingelegt. Es hat diese Manipulation einen doppelten Zweck, denn erstens kann er auf diese Weise beim Anziehen seinem Herrn das Hemd besser über den Kopf geben, und sodann ist es beim Liegen gegen Beschmutztwerden geschützt.

Die Strümpfe dreht man halb um. Der Fuß bleibt mit der rechten Seite nach oben, während das Bein so darüber geschlagen wird, daß die linke Seite zu sehen ist.

Die Schuhe werden vor den Kleidern auf die Erde gestellt, die Blöcke aus denselben erst kurz vor dem Anziehen entfernt, natürlich aber ehe der Herr das Ankleidezimmer betreten hat.

Trägt sein Herr Knöpfschuhe, so lege er den Schuhknöpfer zurecht, um denselben nicht erst im entscheidenden Moment suchen zu müssen und ihn womöglich nicht zu finden.

[30] Bestimmte Regeln über die beim An- und Ausziehen seinem Herrn zu leistende Hilfe zu geben, halte ich für überflüssig, da jeder hierbei seinem Diener die notwendigen Instruktionen selbst geben kann und wird.

Ist der Herr fertig angezogen, so mustere der Lakai den Anzug noch einmal und mache, sowie er irgend etwas bemerken sollte, was nicht in Ordnung, sogleich darauf aufmerksam.

Die Garderobe seines Herrn aufs peinlichste in Ordnung zu halten, sollte er sich zu einer ernsten Pflicht machen.

Er versäume nie, getragene Kleider sofort zu reinigen, wenn ihm das seine Zeit irgend erlaubt, damit der Staub sich nicht erst in die Kleider einfresse.

Sind dieselben aber, z. B. nach einem Ritt, mit Schmutz bespritzt, so lasse er sie vollkommen trocknen und bürste sie erst dann ab, da er sonst Flecke auf den Sachen erzeugen würde.

Lackschuhe sind auf die Blöcke zu geben und dann sorglich abzuwaschen. Sollen die Schuhe lackiert werden, so muß man jedesmal vorher den alten Lack abputzen, da die Schuhe sonst hart werden und brechen.

Ist ein Wasserlack im Gebrauch, so entfernt man denselben einfach durch Abwaschen mit Wasser, während Spirituslack mit einem in Spiritus getränkten Lappen abgerieben wird.

Nachdem die Schuhe getrocknet sind, werden sie neu lackiert, doch mit möglichst wenig Lack. Man höre sofort auf, sowie der genügende Glanz da ist.

Den Seidenhut behandle man mit der äußersten Vorsicht. Nie fasse man ihn an anderen Stellen an, als dort wo die Krempe mit Borte eingefaßt ist. Zuerst bürste man [31] ihn ohne Scheu – aber stets mit dem Strich der Haare – mit einer gewöhnlichen harten Kleiderbürste gründlich aus. Nur so läßt sich der in den Haaren sitzende Staub gänzlich entfernen, was nicht der Fall ist, wenn man gleich mit der weichen Hutbürste anfängt. Diese benutzt man, nachdem der Staub entfernt ist. Hierauf glättet man mit einem Sammetkissen nach und schließlich mit einem Seidentuch.

Um älteren Hüten wieder Glanz zu verleihen, kann man auf das Sammetkissen etwas schwarzes Wachs reiben und damit den Hut bürsten, was nebenher den Vorteil hat, daß sich die Haare schwerer verbiegen.

Will man hierfür viel und unnötiges Geld ausgeben, so gehe man zu einem großen Friseur oder in ein renommiertes Herrenmodemagazin, wo man die besonders für Hüte präparierte Wachspasta mit der Etiquette einer Pariser oder Londoner Firma verbrämt gegen mehrere Mark deutscher Reichswährung eintauschen kann. Will man sparen, so kaufe man für ebensoviele Nickel nicht besonders präpariertes Schwarzwachs in der Drogenhandlung oder beim Schuster. Es thut ganz dieselben Dienste!

So behandelte Hüte können ganz ebenso wie jeder andere mit dem heißen Eisen gebügelt werden. Wie dies gemacht wird, könnte man wohl beschreiben, was ich aber wohlweislich unterlasse, um mir nicht die Abneigung derjenigen Cylinderhutbesitzer zuzuziehen, an deren teuren Hüten die Lakaien, welche etwa dieses Buch lesen, nach dessen Vorschrift ihre ersten Studien im Aufbügeln und Verbrennen machen würden.

Ich rate vielmehr, sich diese Kunst von einem Hutmacher lehren zu lassen.

[32] Erlaubt es irgend der Raum, so hebe er die Garderobe dergestalt auf, daß die Röcke an Bügeln hängen, die Hosen und Westen dagegen liegen.

Daß man beim Reinigen der Kleider vorsichtig verfahren muß, auch dafür Sorge trägt, sich nur sauberer Bürsten dabei zu bedienen und nicht etwa die Stiefelbürste dazu verwendet, versteht sich eigentlich von selbst. Ebenso vermeide man, mit einer Bürste, mit der schwarze Schuhe gewichst wurden, gelbe abzubürsten, da diese dann meist dauernd verdorben sind.

Hat der Lakai auch Uniformen zu besorgen, so verdoppele er hierbei seine Sorgfalt, da oft das geringste Versehen genügt, um diese sehr teueren Stücke unbrauchbar zu machen.

Uniformen aufzubewahren, besonders Stücke, die nur seltener in Gebrauch kommen, ist eine große Kunst und erfordert viel Vorsicht.

Nie lasse man sich einfallen, Uniformen, namentlich solche mit Tressen oder Stickereien, in beliebiges Papier einzuschlagen.

Fast nur darin hat das berüchtigte „Schwarzwerden“ der Stickereien seinen Grund.

Beinahe jedes Papier ist mehr oder weniger chlorhaltig, und dieser, wenn auch noch so geringe Chlorgehalt des Papieres schwärzt unfehlbar in kürzerer oder längerer Zeit jedes Metall an den Uniformen.

Sogenanntes Seidenpapier ist das allergefährlichste!!!

Allein Schutz gewährt „chlorfreies Einpackpapier“, welches man aus dem Warenhaus für Armee und Marine, [33] Berlin, Neustädtischekirchstraße 3–5, in tadelloser Qualität beziehen kann.

Mit diesem Papier doppelt, noch besser dreifach umwickelte Gegenstände die man, will man es ganz gut machen, dann noch in Staniol einschlagen kann, zum Schutze gegen eventuelle Feuchtigkeit, halten sich Jahre lang wie neu.

Zu beachten ist hierbei indes, daß das Papier nirgends zerreiße und der eingewickelte Gegenstand an keiner Stelle mit dem Staniol in Berührung komme, sonst ist die Wirkung verfehlt.

Epauletts, Chärpen, Bandoliere, kurz alles was zur Uniform gehört, wird am besten stets in einer Umhüllung von diesem Papier aufbewahrt.

[Reisen]

Soll eine Reise unternommen werden, so wird dem Lakaien zunächst obliegen, die Vorbereitungen dazu zu treffen.

Er überzeuge sich zunächst, ob die Reiseutensilien, die Koffer, Taschen und Plaidrollen sich in gehöriger Verfassung befinden, was eigentlich immer der Fall sein sollte, da es die Pflicht jedes ordentlichen Dieners ist, die auf einer Reise entstandenen Schäden sofort nach der Rückkehr ausbessern zu lassen. Versäumt er dies, wie es leider fast immer geschieht, so können hieraus die größten Ungelegenheiten entstehen, da es oft im Falle einer plötzlichen Abreise nicht mehr möglich sein wird, die vorhandenen Schäden zu beseitigen.

Hat er sich von der Tadellosigkeit der Reiseutensilien überzeugt, so entnehme er alle Gegenstände, welche mitgenommen werden sollen, ihren Behältern, lege sie getrennt [34] von einander hin und überlege, ob alles da und nichts vergessen sei.

Wird dagegen Stück für Stück gleich eingepackt, so ist hundert gegen eins zu wetten, daß irgend eine wichtige Sache, z. B. die Frackweste oder ein anderer Gegenstand, dessen Fehlen nachher die größten Ungelegenheiten bereitet, vergessen wird.

Nachdem er diese Heerschau über die Sachen abgehalten, beginne er mit dem Einpacken. Alle schweren Gegenstände, wie Bücher, Opernglas etc. kommen auf den Boden des Koffers. Ihnen folgen die Schuhe, die zweckmäßiger Weise mit darin streckenden Stiefelblöcken verpackt werden. Sind keine besondern Schuhtaschen von Leinwand vorhanden, so ist dies für die Schuhe sehr nachteilig, da das Einpacken in Papier den Lack verdirbt. Entstehende Zwischenräume werden mit dazu geeigneten Kleinigkeiten ausgefüllt. Nun wird ein großes Packtuch in den Koffer gelegt, um die Kleider zu schützen. Diese werden in folgender Weise gepackt: Man nimmt einen Rock und legt ihn ausgebreitet mit dem Futter nach unten auf eine flache Unterlage. (Tisch.)

Fig. 6
Fig. 7
Fig. 8

Nachdem man alles glatt gestrichen, knickt man die Ärmel, genau da, wo der Ellbogen sitzt ein und legt sie so zusammen, daß die Stelle des Ärmels, wo die Hand zum Vorschein kommt, an der Schulternaht liegt. (Fig. 6.) Aber ohne Falten!! Dann ergreift man die Aufschläge des Rockes und klappt sie über die Ärmel, das Futter nach außen. Nun nimmt man einen Rockschooß und schlägt ihn von unten nach oben über den zusammengelegten Ärmel und die darauf liegende Rockklappe. (Fig. 7.) Ebenso verfährt man mit dem anderen Schooß. Ist der Koffer breit, so legt man den Rock in diesem Zustande hinein. Sollte [35] man dagegen nur einen schmalen Koffer zur Verfügung haben, so klappe man den Rock nochmals in der Mitte zusammen und zwar so, daß auf beiden Seiten das Futter nach außen liegt. (Fig. 8.)

Fig. 9

Die Weste wird einfach mit dem Futter nach außen zusammengelegt.

Hosen zu packen, erfordert wieder mehr Sorgfalt.

Man ergreife sie mit beiden Händen dort, wo die Knöpfe angenäht sind und klappe sie an der Vorderseite derart zusammen, daß, vom Spalt aus gerechnet, der erste [36] Knopf auf den gegenüber befindlichen ersten Knopf zu liegen kommt. Die Hose wird nun an ihrer Vorderseite eine absolut gerade Linie bilden. Nun legt man die Hose so in den Koffer, daß ihr Fußende an einer Seite anstößt und erst dort wo der Koffer zu Ende ist, schlägt man sie faltenlos um. (Fig. 9.) Je weiter oben dies geschieht, desto besser für den nachherigen Sitz der Hose, denn oben ziehen sich die Falten erfahrungsmäßig viel leichter heraus als z. B. am Knie, wo sie entstehen, wenn die Hose, wie dies meist geschieht, in ihrer Hälfte umgeschlagen wurde.

[37] Der Packende wird nun seine Aufmerksamkeit darauf zu richten haben, daß im Koffer alles glatt liege und daß kleinere Lücken beständig mit geeigneten Gegenständen ausgefüllt werden.

Sind alle Kleider untergebracht, so schlägt man das Packtuch derart zusammen, daß alles davon bedeckt wird.

Es folgt das Einpacken der Wäsche.

Nachdem man ebenfalls ein Packtuch untergelegt hat, beginnt man mit allen flachen und schwereren Wäschestücken den Boden des Einsatzes gleichmäßig zu belegen.

Die Hemden werden am zweckmäßigsten so eingepackt, daß man sie mit der Brustseite nach unten legt, immer [38] einen Kragen nach rechts und einen nach links. Diese mit Strümpfe etc. auszustopfen, wie es oft empfohlen wird, ist nicht praktisch, sie zerknicken dann erst recht, was bei der eben beschriebenen Art ziemlich vermieden wird.

Nachdem noch alle übrigen Dinge, wie Kravatten, Taschentücher etc. im Koffer untergebracht sind, legt man [39] auch dieses Packtuch sorgsam zusammen und schließt den Koffer.

Ist dem Diener bekannt, daß der Herr sich gleich nach erfolgter Ankunft umkleiden wird, so packe er den diesbezüglichen Anzug, ein Hemd und Schuhe so ein, daß er sie sofort nach der Ankunft ohne Zeitverlust finden kann.

Sind alle Vorbereitungen zur Abreise getroffen, so begiebt sich der Diener, nachdem er noch vorher Hut, Paletot, Stock oder Schirm, Handschuhe und eventuell Gummigaloschen zurechtgelegt, rechtzeitig nach dem Bahnhof. Es ist unerläßlich, daß er dort mindestens 20 Minuten vor Abgang des Zuges eintreffe, damit er in aller Ruhe die Fahrkarten besorgen und das Gepäck expedieren kann.

Sobald er dies Geschäft erledigt, begiebt er sich, falls der Zug von dieser Station abgeht, also schon da steht, auf den Bahnsteig und belegt in einem ihm geeignet erscheinenden Abteil einen Platz mit dem Handgepäck, worauf er wieder an den Eingang des Bahnhofes zurückkehrt, um dort seinen Herrn zu erwarten, ihm den Fahrschein zu überreichen und das belegte Abteil zu zeigen.

Befindet man sich dagegen auf einer Durchgangsstation, wo der Zug vielleicht nur kurze Zeit hält, so bleibe er gleich auf dem Bahnsteig, um sofort einen Platz belegen zu können, sowie der Zug eingelaufen ist. Ohne irgendwie unmanierlich zu werden, gehe er hierbei doch mit einer gewissen Rücksichtslosigkeit vor, er dränge sich sofort an das Abteil, das er als geeignet erkannt hat und kümmere sich nicht etwa um andere, die auch dort einsteigen wollen. Hier gilt es: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.“

[40] Ob die anderen Menschen Platz finden oder nicht, muß ihm vollkommen gleichgültig sein, für ihn kommt nur die Frage in Betracht, ob sein Herr gut untergebracht wird.

Während der Reise lasse er sich auf größeren Stationen, wo ja in der Regel ein etwas längerer Aufenthalt stattfindet, öfters sehen, damit er seinem Herrn Gelegenheit giebt, falls dieser einen Wunsch hat, ihn auch aussprechen zu können.

Trifft der Zug am Ziel der Reise ein, oder wird er während derselben gewechselt, so richte sich der Diener so ein, daß er so schnell als irgend möglich aussteigen kann, worauf er nach dem Abteil seines Herrn eilt, um diesem beim Aussteigen das Handgepäck abzunehmen.

Um dieses schnelle Aussteigen besser bewerkstelligen zu können, muß er nicht nur, bevor der Zug in die betreffende Station einläuft, seine Sachen schon in der Hand haben, um sofort nach dem Halten des Zuges den Wagen verlassen zu können, sondern er sollte sich auch schon vorher genau orientieren, wann der Zug eintrifft und auf welcher Seite die Wagen verlassen werden. An dieser Seite muß er, wenn er praktisch ist, Platz nehmen, um nicht beim Aussteigen genötigt zu sein, erst auf das Aussteigen seiner Mitreisenden warten zu müssen.

Dies ist nämlich der Grund, aus dem die meisten Diener so spät an den Abteilen ihrer Herrschaften erscheinen.

Soll der Aufenthalt am Ziel der Reise einige Tage dauern, so packe der Diener alles aus. Er räume die Wäsche in die Kommode oder den Schrank und zwar so, daß die Hemden für sich liegen und nicht gedrückt werden.

[41] Die in den Hotels und den Gastzimmern der meisten Privathäuser vorhandenen Schränke sind dagegen zur Aufbewahrung der Garderobe vollkommen ungeeignet. Der Diener benutze sie nur für die Röcke, falls er Kleiderbügel mit hat, sonst lasse er sie lieber zusammengelegt im Packtuch auf einem Sopha oder dergleichen liegen. Die Hosen dürfen auf keinen Fall aufgehangen werden, sind vielmehr lang liegend aufzubewahren, wozu man allenfalls den Fußboden des Schrankes, nachdem man diesen mit dem Packtuch belegt hat, benutzen kann.

Endete die Reise in einem befreundeten herrschaftlichen Hause, so bemühe sich der Diener, durch sein Benehmen in demselben keinen Ärger zu erregen. Er sei höflich und bescheiden und raisonniere nicht, auch wenn es in dem Hause, wo er mit seiner Herrschaft zu Besuch weilt, vielleicht anders und weniger gut zugehen sollte, als er es gewohnt ist.

Macht er sich dagegen in seinen vielen Freistunden durch Helfen bei der Arbeit seinen Kollegen nützlich, so kann er sicher sein, ein gutes Renommée bei seiner Abreise zu hinterlassen.

Wenn diese in der Art erfolgt, daß er mit seinem Herrn denselben Wagen benutzt, so verabschiede er sich schon vorher und hinter den Coulissen von seinen Kollegen und thue es nicht im Moment der Abreise in Gegenwart der beiderseitigen Herrschaften.

Einen hübschen und wohlerzogenen Eindruck macht es jedenfalls nicht, wenn folgendes passiert: Der Diener eines abreisenden Gastes, dessen Herr von der gesamten Familie des Gastgebers an den Wagen begleitet wurde, ging, nachdem [42] er seinem Herrn beim Einsteigen geholfen, statt sich auf den Bock zu setzen, auf den sehr korrekten Kammerdiener des betreffenden Hauses zu und reichte ihm mit den Worten: „Adieu, Herr Kammerdiener!“ treuherzig die Hand, wodurch er den alten würdigen Herrn vollkommen aus seiner Fassung brachte und bei den Herrschaften eine Lachsalve entfesselte, in die der glückliche Besitzer dieses Juwels an Routine und Höflichkeit mit sauersüßem Gesicht mit einstimmte. Ich habe diesen kleinen Vorfall selbst mit erlebt und kann sagen, daß er zwar hochkomisch war, aber doch keinen hübschen, jedenfalls aber einen höchst inkorrekten Eindruck machte.

Nimmt die Herrschaft in einem Hotel Wohnung, so sei der Diener, wenn die Herrschaft zu Hause ist, in der Nähe der Zimmer, da seine Wohnung, nach den praktischen Gewohnheiten unserer Hotels, doch wahrscheinlich am anderen Ende des Hauses und wenn irgend möglich in einer anderen Etage liegen wird.

Zu erreichen ist er auf diese Weise niemals, denn das Hotelpersonal, welches etwa nach ihm geschickt wird, hält es für bequemer, nach einiger Zeit mit der Meldung zurückzukommen, der Diener sei ausgegangen, als die Treppen zu steigen, um nachzusehen. Der Diener kann also noch obendrein ganz ungerechter Weise in den Ruf eines Bummlers kommen.

Wird er in den Hotels schlecht verpflegt, so beschwere er sich sofort und ohne Scheu darüber bei seinem Herrn, denn erstens kann es diesem doch nicht gleichgültig sein, wie seine Leute verpflegt werden und zweitens ist dieser doch nur dann in der Lage, etwas hierfür zu thun, wenn ihm mitgeteilt wird, die Sache sei nicht in Ordnung. Bezahlen [43] muß er außerdem, ob die Verpflegung nun schlecht oder gut ist, ganz dasselbe.

Wird der Diener zu einer Besorgung ausgesandt, so vertrödle er nicht durch unnötiges Verweilen vor den Schaufenstern und das Betrachten sonstiger Straßensehenswürdigkeiten die Zeit, sondern erledige seinen Auftrag so schnell als möglich. Ich gebe gern zu, daß dieses Betrachten des Sehenswerten, besonders für den Landdiener, viel Verlockendes hat, er wolle aber nicht vergessen, daß sein Dienst vor dem Vergnügen kommt und daß er in der Regel, bei vorübergehendem Aufenthalt in der Stadt, viel freie Zeit hat, in der er seinen Wissensdrang befriedigen kann.

[Silberputzen und Decken der Tafel]

Es erscheint mir nicht überflüssig, in Folgendem den Diener aufzufordern, sich einmal so recht klar zu machen, welch großes Vertrauen ihm in seiner Stellung erwiesen werden muß und daß er stets bemüht sein sollte, sich auch dieses Vertrauens recht würdig zu erweisen. Er wolle hierbei nur daran denken, welche Wertstücke seiner Obhut anvertraut sind und er wird sich sagen müssen, daß er auch eine große Verantwortung mit dem Antritt seines Dienstes übernimmt.

Ich will hier nicht alle Wertgegenstände aufzählen, die ihm etwa anvertraut werden könnten und worden sind, sondern nur desjenigen Erwähnung thun, das wohl in den meisten Häusern, ihm zur Obhut überwiesen worden ist: das Silber.

Dieses repräsentiert in manchen Häusern ein kleines Vermögen und seine mehr oder weniger sorgsame Haltung [44] vermindert oder erhält seinen Wert. Bei der Behandlung soll sich der Diener klar machen, daß er keine alten Blechlöffel putzt, sondern Wertgegenstände, bei denen es durchaus nicht gleichgültig ist, wie das Putzen vorgenommen wird.

Gleich nach dem Gebrauch spült man das Silber in lauem Wasser ab und geht dann, ohne abzutrocknen, in ein anderes Bad von lauem Seifenwasser mit einem Zusatz von etwas Soda. Hierauf trocknet man mit reinem, weichem Leinenlappen ab und putzt, falls sich keine Flecke am Silber zeigen, mit einem weichen Lederlappen, in den man etwas Silberputzpulver gethan, das Silber gleichmäßig ab.

Sollten sich dagegen Flecke am Silber befinden, wie sie z. B. an den Löffeln und vom Essen der Eier immer entstehen – weshalb auch für diesen Zweck nur vergoldete Löffel genommen werden sollten – so fügt man dem Putzpulver mit Wasser verdünnten Salmiakgeist zu.

In manchen Häusern, besonders in denen mit englischen Leuten, wird das Silber alle Tage poliert, so daß es aussieht, als käme es eben vom Goldarbeiter. Ohne Frage macht dies einen sehr eleganten Eindruck, aber ebenso fraglos wird das Silber dadurch sehr angegriffen, besonders da es heutzutage hierfür besondere Polierpulver giebt, die, es mag nun erlaubt sein oder nicht, doch der Bequemlichkeit halber oder aus Mangel an Überlegung, benutzt werden. Früher polierte man mit weichem Holz, z. B. Lindenholz und Leder, das war weniger schädlich aber sehr viel mühsamer. Goldene oder vergoldete Sachen dürfen nur mit lauem Wasser ohne jeden Zusatz abgewaschen und dann mit weichen Lappen trocken gerieben werden, darauf sollte man strengstens halten, dann wird man seine vergoldeten Bestecke [45] ewig wie neu haben, während, wurde, wie beim Silber, dem Wasser Soda zugesetzt, nach ziemlich kurzer Zeit das Gold abgeputzt ist.

Allen Dirigenten großer Häuser möchte ich warm ans Herz legen, streng hierauf zu achten, denn die Gefahr, daß es anders gemacht wird, liegt schon deshalb sehr nahe, weil es viel bequemer ist, das Gold in demselben, nun einmal zurecht gemachten Gefäß mit Wasser und Soda zugleich mit dem Silber abzuwaschen als dafür noch ein besonderes Gefäß vorzubereiten und aufzustellen.

Kupfer putzt sich schlecht und hat eine große Neigung, schnell Grünspan anzusetzen. Beim Putzen desselben lassen sich scharfe Putzmittel leider nicht absolut vermeiden.

Man wähle dafür ein besonders präpariertes Pulver, wie man es fertig zu kaufen bekommt, putze mit Wolllappen und reibe mit einem reinen Leintuch nach.

Wenn auch aus dem Ebengesagten vielleicht hervorgeht, daß ich kein besonderer Freund des Silberpolierens bin, so möchte ich demgegenüber hervorheben, daß das Silber selbstredend sehr blank geputzt werden muß, damit es nicht wie Zinn, sondern eben wie Silber aussieht.

Eine elegante Tafel mit schlecht geputztem Silber belegt, ist ganz undenkbar. Das Decken derselben berührte ich schon weiter oben ganz kurz, möchte aber nochmals ausführlicher darauf zurückkommen.

Wie schon bemerkt, lege man unter das Tischtuch eine dicke Decke, um alle Geräusche abzudämpfen.

Erst dann kommt das Tisch- oder Tafeltuch, welches so groß sein muß, daß es an allen Seiten fast bis zur Erde herabhängt.

[46] Nun überlege man aufs genaueste, wie viele Personen gesetzt werden müssen und teile danach den Raum der Tafel ein. Man decke lieber zu weit als zu eng, hüte sich aber vor Übertreibungen nach beiden Richtungen hin.

Eine alte Regel lehrt, man solle drei Teller so nebeneinander stellen, daß ihre Ränder sich berühren, dann den mittelsten entfernen, um so die richtige Distanz zu erzielen.

Dies stimmt auch ungefähr, nur ist der Zwischenraum etwas zu klein und man rechne für denselben lieber 1½ bis 1¾ Tellerbreiten.

Es muß aber im allgemeinen der Routine und dem Verständnis des einzelnen Tafeldeckers überlassen werden, hierin das Richtige zu finden. Gleichgiltig ob die Teller nun nahe oder weit von einander entfernt stehen, bleibt es immer die Hauptsache, daß sie gleich weite Abstände von einander haben und ihr Rand genau egal weit vom Rande des Tisches entfernt ist.

Die Gläser werden entweder vor den Tellern, oder seitwärts davon etwas vorgeschoben – also nicht etwa daneben – aufgestellt.

Der Regel nach stellt man je ein Wein-, ein Wasser-Glas und die Gläser für Schaumweine auf, während, wie weiter oben beschrieben, die Gläser der Extraweine erst während des Diners präsentiert und auch, wenn der betreffende Wein nicht mehr nachgeschenkt wird, wieder von der Tafel entfernt werden.

Man achte darauf, daß die Tafelaufsätze genau in der Mitte stehen und, falls mehrere vorhanden sind, auch gut ausgerichtet sind.

[47] Werden zur Beleuchtung Kandelaber verwendet, so kontrolliere man das Gerade- und Fest-Stecken jedes einzelnen Lichtes aufs genaueste, überzeuge sich auch, daß die Lichtschirme derart befestigt sind, daß sie nicht anbrennen können.

Die Stühle werden hinter jedem Platze so weit zurückgezogen aufgestellt, daß sie einerseits das Herantreten an die Tafel nicht stören, andererseits aber auch leicht herangeschoben werden können. Eßzimmerstühle sollten stets gepolstert sein, da auf Rohrstühlen Damen mit Sammetkleidern sich diese dadurch verderben, daß sich das Rohrgeflecht in dem Sammet abdrückt. Sind aber Rohrstühle vorhanden und der Diener bemerkt unter den Gästen Damen in Sammet, so bringe er zur Schonung des Kleides sofort ein Kissen.

Eine oft Kopfzerbrechen erzeugende Frage ist die, wie oft man bei einer größeren Anzahl von Gästen anrichten soll und wie viele Diener man nötig haben wird, wenn man Raschheit des Servierens, Ordnung und Ruhe erreichen will.

Als Regel gilt, daß für 12, höchstens 15 Gäste ein Service genügt, d. h. nur auf einer Schüssel angerichtet zu werden braucht.

Bis zu 30 Personen reichen zwei Service aus.

Sonst erfordern: 70 Kouverts 4 Service,
100 [Kouverts] 6 [Service]
180 [Kouverts] 10 [Service]
und endlich Diners von 400 bis 700 Kouverts 30- und 40fache Service.

Was nun die Anzahl der notwendigen Diener anbelangt, so lassen sich für große Häuser, wo genügend Leute stets zur Hand sind, folgende Regeln aufstellen: Es würden z. B. bei [48] einem Diner bis zu 12 Kouverts, wobei man nur einmal anzurichten braucht, erforderlich sein:

I. 1 Haushofmeister als Dirigent des Diners 1
II. 1 Kammerdiener zum Einschenken des Weines 1
III. 1 Lakai, der diesem mit den Gläsern folgt 1
IV. 3 Lakaien zum Servieren 3

zusammen also: 1 Haushofmeister, 1 Kammerdiener und 4 Lakaien.

Hierzu möchte ich bemerken, daß man beim Servieren auch allenfalls mit 2 Leuten auskommt, indem der eine die große Schüssel serviert und der andere ihm mit Sauce und Beilage folgt. Einen großen Nachteil hat dies aber ohne jede Frage. Da er in jeder Hand eine Schüssel hat, muß er bei jedem Gast zweimal servieren, er kommt also genau halb so schnell vorwärts, als der vor ihm servierende Kollege, welcher nur eine Schüssel trägt. Die Folge davon ist, daß der letzte Gast schon mit Fleisch oder Fisch versehen ist, während der Lakai mit der Sauce erst in der Mitte der Tafel ankam, so daß der Gast auf die Sauce eine ganze Weile wird warten müssen.

Wo sich dies irgend ermöglichen läßt, würde ich immer raten, 3 Leute servieren zu lassen.

Von 15 bis 20 Couverts, besser aber schon von 12 an, muß doppelt angerichtet werden, wozu folgende Leute erforderlich sind:

I. 1 Haushofmeister als Dirigent 1
II. 2 Kammerdiener zum Weineinschenken 2
III. 2 Lakaien, die diesen mit den Gläsern folgen 2
IV. Je 3 Lakaien zum Servieren 6

zusammen: 1 Haushofmeister, 2 Kammerdiener und 8 Lakaien.

[49] Selbstredend lassen sich derartige Einteilungen wegen mangelnden Personals in kleineren Häusern nicht durchführen, dort wird man auf Dirigenten und doppelte Weineinschenker verzichten müssen, auch nur von 2 Leuten servieren lassen können und eventuell dem mit der großen Schüssel auch noch die Sauce übergeben.

Die Schnelligkeit, mit der das Diner serviert werden kann, und die Eleganz desselben leiden aber ohne Frage darunter.

[Schlusswort]

Ich glaube nun so ziemlich alles erwähnt zu haben, was für den korrekten Herrschaftsdiener nützlich zu erfahren war.

Es sei mir nun zum Schluß noch gestattet, einige allgemeine Bemerkungen daran zu knüpfen.

Wenn der Diener die in diesem kleinen Werk verzeichneten Winke und Belehrungen sich auch noch so gut einprägt und befolgt, so würde er die Bezeichnung „korrekt“ doch erst dann verdienen, wenn seine moralischen Qualitäten auf derselben Höhe ständen.

Er befleißigte sich also, auch nach dieser Richtung immer vollkommener zu werden. Er sei stets nüchtern und halte sich vor Augen, daß er durch schlechte Haltung des ihm anvertrauten Materials nicht nur seine Pflichten verletzt, sondern auch einen Vertrauensbruch begeht, denn seine Herrschaft hatte, als sie ihm diese Dinge übergab, das Vertrauen, er werde seine Pflichten nach bestem Können erfüllen.

Dies gilt besonders für diejenigen, denen das Vertrauen ihrer Herrschaft auch den Weinkeller übergeben hat.

[50] Hier liegt die größte Versuchung, und manch trauriges Beispiel aus der Praxis liegt vor, daß diese Versuchung nicht immer siegreich bestanden wurde. Leute, ihrer Ansicht nach treu und ehrlich wie Gold, die auch faktisch nie einen Pfennig an Geld oder Geldeswert veruntreuen würden, entblöden sich nicht, im Weinkeller zu schalten und zu walten, als wäre er ihr Eigentum. Die Begriffe verwirren sich. Erst fängt es gläserweise an, dann folgen die Flaschen und schließlich ist der Dieb und Säufer fertig! Dieselben Menschen, die keine Gewalt der Erde dazu bringen würde, ihrem Herrn auch nur einen Pfennig fortzunehmen, bestehlen ihn täglich um mehrere Mark, denn was ist es anders, wenn sie Wein, der diesen Wert repräsentiert, austrinken?

Deshalb widerstehe man der Versuchung von vorn herein!

Ein erster Diener bedenke auch, daß er für seine ihm unterstellten Leute nicht nur der Herrschaft gegenüber, sondern auch sonst verantwortlich ist, und sein Beispiel oft entscheidend auf die Moralität seiner Untergebenen einwirkt. Er überlege sich einmal, was für eine kolossale Belastung seines Gewissens er sich zufügt, wenn durch sein schlechtes Beispiel jüngere Leute verdorben werden und später womöglich untergehen!

Sollte es mir gelungen sein, auch nur einige Leute zum Nachdenken über diesen Punkt anzuregen, so wäre mir dies eine wahrhafte Freude.

Zum Schluß noch ein Mahnwort an die Herrschaften. Man verlange nicht von seinen Leuten Fähigkeiten und Geschicklichkeiten, die sie gar nicht haben können, weil man sich nie die Mühe nahm, sie ordentlich zu instruieren und zu unterweisen. Man suche mehr durch Belehrung in freundlicher [51] Weise auf sie einzuwirken, als durch bloßes Schelten und Tadeln.

Man bedenke, daß man in seinen dienenden Hausgenossen keine gefühllosen Maschinen vor sich hat, man gehe ihnen vielmehr in jeder Beziehung mit dem besten Beispiel voran, habe Verständnis für ihre Schwächen und Fehler, und gebe sich vor allen Dingen die Mühe, beurteilen zu lernen, wo die mangelnde Fähigkeit aufhört und der böse Wille anfängt. Nur zu oft wird ersteres für letzteres gehalten und bildet so eine nie versiegende Quelle von Ärgernissen und Unzuträglichkeiten für beide Teile.

Große Geduld gehört freilich oft dazu, die muß man aber eben nicht verlieren, und das erreichte Resultat wird reichlich für alle Mühe entschädigen.

Mit zwei recht hierher passenden Sprichwörtern schließe ich diese kleine Arbeit ab:

Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas!

und

Ut sementem feceris ita metes!

Anmerkungen (Wikisource)

Übersetzung der lateinischen Sentenzen (nicht im Original): „Wo die Kräfte fehlen, ist doch der Wille zu loben!“ und „Wie man sät, so wird man ernten“.

Die Neuausgabe bei Books on Demand, Norderstedt 2007, ISBN 978-3-8334-9463-5 hat offensichtlich den Wikisource-Text (ohne Quellenangabe) verwendet.